Ländliches Leben in Nordschwaben dargestellt in drei Museen
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Pressestimmen


Als "Drei Eichen" in Mertingen noch Hinrichtungsstätte war

Einen Blick tief in die Geschichte werfen die Museumsfreunde Mertingen mit ihrer aktuellen Ausstellung. Sie legt im Alten Schulhaus Zeugnis ab über längst vergangene Zusammenhänge, die bis heute nachwirken.

Foto: Ulrike Hampp-Weigand

VON ULRIKE HAMPP-WEIGAND


Die Museumsfreunde Mertingen werfen einen Blick in die Geschichte des Ortes und auf das Thema Wald an sich. Es geht auch um den Mord an einer Schwiegertochter.

Der Mertinger Forst, aktuell heiß diskutiert wegen der Standortsuche für Windräder, ist und war oft Gegenstand vieler Wünsche. Sie alle hängen letztlich mit den Funktionen eines Waldes zusammen: Schutz- und Nutzfunktion in der Klimadiskussion durch Kühlung und Wasserspeicher, Erholungsfaktor, Holzlieferant, Geldanlage ...
Die Museumsfreunde Mertingen blicken in ihrer neuen Ausstellung mit kritischem Blick auf die Geschichte. Im 16. Jahrhundert war Mertingen Hauptort der Reichspflege Wörth. Die in Donauwörth zum Tode Verurteilten wurden in Mertingen am heutigen Naturdenkmal Drei Eichen hingerichtet. Und Mertingen, wo verschiedene Herrschaften Besitztümer hatten, hatte einen beträchtlichen Wald von 601 Hektar. Georg Fugger, ab 1597 Reichspfleger in Donauwörth, richtete seine Augen auf diesen Wald und wollte ihn den Fuggerschen Forsten zufügen.
Die Mertinger aber wollten nicht – und wandten sich an den Prior von Kloster Heilig Kreuz, Georg Beck. Dieser, ein gewandter Historiograf zahlreicher schwäbischer Adelsgeschlechter und Klöster, verfasste denn auch eine Urkunde über Gräfin Hilaria Lechner, aus Lederstatt, ebenfalls Klostergut. Deren Stiftung für Mertingen, Donauwörth und Harburg, sei eine Sühne für eine von ihr angestiftete Missetat: die Ermordung der Schwiegertochter.


Gebete für eine Sünderin, die es gar nicht gab

Und bis vor wenigen Jahrzehnten wurde in Mertingen auch in Frühmessen für diese Sünderin gebetet. Es gab sie nur nicht. Es gibt keine geschichtlichen Spuren. Der Erfolg war gleichwohl: Die Fugger wollten den Wald nicht, ärgerten sich trotzdem über die widerspenstigen Mertinger. Dieser Wald, so gesichert, wurde gleichwohl nicht gepflegt – und so kam es 1793 und 1794 zur Waldverteilung „von oben herab“.
Ausführende war die Churfürstliche Hofkammer in München, das Forstamt Donauwörth führte diese Verteilung per Los an die 119 Besitzer einer Hofstelle in Mertingen durch. Jeder erhielt einen guten und einen schlechten Waldteil. Regeln wurden aufgestellt, die wichtigste: Kein Wald durfte „nach außen“ verkauft werden. Nur an Mertinger.
Das führte dazu, dass die schmalen zirka 600 Wald“handtücher“ heute von 263 Eigentümern bewirtschaftet werden, die sich in der Waldbesitzervereinigung zusammengetan haben. Deren Geschichte, wie auch der Sachverhalt, wie der Wald auf nahezu unwegsamen Wegen erschlossen wurde, ist ebenfalls dargestellt. Werkzeuge aus alter Zeit werden gezeigt.
Waldarbeit war jahrhundertelang Knochenarbeit. Mit dem Plakat eines „Rückepferdes“ wird von der Knochenarbeit, die Waldarbeit jahrhundertelang war, wie auch von den „Kulturfrauen" erzählt: Sie haben nach dem Zweiten Weltkrieg den Wald wieder angepflanzt. Über die aktuellen Zusammenführungen der Pfarrpfründestiftungen, aus denen die Pfarrer vom Bistum bezahlt wurden, wird berichtet. Ebenso davon, was es im Wald alles gibt und die Geologie des Mertinger Forstes...
Aber auch die Zukunft des Waldes wird thematisiert, angefangen vom Waldumbau bis zu den Baumarten, die den Klimawandel aushalten können. Und in vielen Beispielen wird gezeigt, was der Wald dem Menschen gibt – Holz, Pilze, Beeren, Seegras, Harz. Tiere sind ausgestellt, angefangen von der Waldameise, über den Waldkauz, bis zu Fuchs und Dachs. Begleitet wird die Ausstellung von Aquarellen des Klemmerschülers Lorenz Carstensen unter dem Aspekt „Wald mit Maleraugen gesehen“.
Geöffnet ist die Ausstellung immer sonntags im Oktober von 14 bis 17 Uhr in der Alten Schule hinter dem Rathaus, außer am 8. Oktober. Da veranstaltet der Museumsverein Mertingen im Hof des Museumsstadels sein alljährliches Herbstfest mit Krauthobeln.


Komm, mach mit!

Den Vereinen fehlt es an Nachwuchs und neuen Mitgliedern. In Mertingen hat man jetzt einen kreativen Weg gewählt, damit sich die Vereine präsentieren können.

In Römerkluft präsentierten sich die Museumsfreunde Mertingen und begeisterten für ihre Vereinsarbeit.
Foto: Daniel Weigl

 Donauwörther Zeitung Nr.: 73 vom Dienstag 28. März 2023 -  Auszug aus dem Artikel von Daniel Weigl 

Mertingen     Personalmangel ist nicht nur in der Wirtschaft ein brandhei­ßes Thema, sondern auch viele Vereine haben mit sinkenden Mit­gliederzahlen zu kämpfen. In Mer­tingen hat man sich nun etwas ganz Besonderes ausgedacht, um für die Ortsvereine neue Mitglieder zu werben: 20 Vereine aus Mertingen, Druisheim und Heißesheim versammelten sich am Sonntag in der Mertinger Turnhalle zur ersten Vereinsmesse.

„Die Vereine sind die Träger des sozialen Lebens, umso mehr freut es mich, dass zahlreiche Gäste ge­kommen sind“, erklärt Bürger­meister Veit Meggle. In der Tat war die Mertinger Turnhalle gut ge­füllt, schließlich gab es in der Aus­stellung auch einiges zu entde­cken. 

Auch die Museumsfreunde Mer­tingen kämpfen mit Nachwuchs­sorgen. „So wie jeder andere Verein hier auch“, berichtet Doris Siegel, die in ihrer Römerkluft kaum zu übersehen ist. Zwar habe der Ver­ein derzeit 270 Mitglieder, doch Neueintritte werden immer selte­ner. Mit diesem Problem haben fast alle Aussteller zu kämpfen, die an diesem Sonntag Werbung für ihr Ehrenamt machen.



Die Mertinger „Hexen“ und eine unbarmherzige Justiz

DONAUWÖRTHER ZEITUNG -Mittwoch: 08. April 2020, Nummer 83


Die Hinrichtungen von als Hexen verurteilten Frauen gehören zu den dunkels­ten Kapiteln der Menschheit.      Foto: dpa

Geschichte:
Ottmar Seuffert löste bei seinen Recherchen durch einen glücklichen Umstand ein historisches Rätsel
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VON ULRIKE HAMPP-WEIGAND
Mertingen/Donauwörth
Was haben die Fugger und Donauwörth mit He­xen in Mertingen zu schaffen? Dieses historische Rätsel löste (noch vor Co­rona) Ottmar Seuffert, der frühere Stadtarchivar Donauwörth, in sei­nem Vortrag bei den Museumsfreun­den in Mertingen. Er verriet auch, wie er letztlich dem Geheimnis auf die Spur kam. Denn Urkunden, Ak­ten oder dergleichen gibt es ja nicht mehr, diese wurden vernichtet.
So kam ihm dabei ein glücklicher Zufall zur Hilfe: Bei Recherchen zu den Mangolden von Werd, der Reichspflege Werd (Donauwörth) und dem Reichspfleger Marcus (Marx) Fugger fand Ottmar Seuffert den Schriftverkehr zwischen Letz­terem, dem ältesten Sohn des Anton Fugger, und dem in Werd residie­renden Lehnsvogt Mathäus Wanner zu den Hexenprozessen, die 1590 in der Reichspflege Werd geführt wur­den.
Die genaue Zahl der wegen Hexe­rei mit Schadenzauber (nur das führ­te nach der Constitutio Criminalis Carolina, der peinlichen Halsge­richtsordnung Kaiser Karls V., zum Tod auf dem Scheiterhaufen) bezich­tigten Frauen ist nicht bekannt, wohl aber das Schicksal von zweien der Unglücklichen, die in Mertingen an der Richtstätte am Galgenberg ver­brannt wurden.
Einem Hexenprozess ging regel­mäßig eine Denunziation voraus: In Tapfheim war 1589 Walburg Ohnsorg als Hexe verbrannt worden. Sie hatte unter der Tortur die alte Mes­nerin Katharina Weber aus Auchsesheim als Hexe angezeigt. Mathäus Wanner erfuhr 1590 davon und be­richtete den Vorgang Marcus Fug­ger. Es war nach Seufferts Ausfüh­rungen der erste Hexenprozess in Werd. Fugger ordnete Nachfor­chungen „in der Stille“ an. Die Frauen wurden entgegen den Regeln nicht in den Kerker im Fuggerhaus in Werd gebracht. Katharina Weber und eine Anna Gumpin wurden in dem Kastenstadel der Vogtei in Mertingen (später Pfennigbäck) eingekerkert. Das gesamte Verfahren wurde nicht vor dem Donauwörther Stadtgericht, sondern in Mertingen durchgeführt, das Urteil in Donauwörth lediglich bekannt gemacht. Nicht der Donauwörther Scharfrichter wurde mit der Beweiserhebung - das heißt der Tortur - betraut, sondern der Lauinger. Er sollte „gute Nachfrage halten“ nach Schadenzauber. Fugger schaltete zur Prüfung des Falles sogar Juristen ein.
Das Urteil fällten vier Personen: zwei aus Mertingen, eine aus Nordheim und eine aus Riedlingen. Das Verfahren endete erwartungsgemäß mit Verurteilung. Den Opfern standen der Pfarrer aus Riedlingen und ein Priester aus Mertingen bei. Am 8. Juni 1590 wurden die Frauen in Mertingen am Galgenberg, dem heu­tigen 
Naturdenkmal „Drei Eichen
, lebendig verbrannt. Ihre „Verlassen­schaft“ wurde, nach Abzug der Voll­streckungskosten, entgegen der Übung nicht eingezogen, sondern den Hinterbliebenen überlassen.
Marcus Fugger wollte mit seinen Anordnungen offensichtlich Aufsehen und möglicherweise weitere Hexen­prozesse verhindern. Ringsum tobten Hexengerichte, in Münster, Höchstädt, Dillingen wurden Hexen ver­brannt, in Wallerstem gar 277 Frauen, glaubt man dem Bericht der in Ulm erschienenen „erweiterten Unholdin Zeitung“ für die Zeit von 1560 bis zum 21. Juli 1590. Die Mertinger „Hexen“ stehen nicht drin. Eine wahrhaft grausame Zeit, in der Un­wissenheit und Aberglauben, aber auch eine unbarmherzige Justiz viele Unschuldige grausam töteten.