Ländliches Leben in Nordschwaben dargestellt in drei Museen

Der "Mertinger Forst"

Geschichte, Aktuelles" und parallel dazu „Der Wald mit Maleraugen gesehen" 

In der „Alten Schule“ haben die Mertinger Museumsfreude eine neue Ausstellung über das Mertinger Forst zusammengestellt. Es gibt auch eine spannende Sage, die berichtet wie die Mertinger zu ihrem Wald kamen. Darüber hinaus weist der Forst auch die Besonderheit auf, dass fast 270 Eigentümer sich die knapp 600 Waldparzellen teilen. Neben den Waldhandwerkzeugen haben sich die Organisatoren dem Blick des Malers Lorenz Carstensen auf „den Wald“ an sich gewidmet, und etliche seiner aussage­kräftigen Aquarelle ausgestellt.                            

Der Mertinger Forst und seine Geschichte - es gibt ja vieles zu erzählen:
„O mein Gott, wo sind die alten Bäume, unter denen wir noch gestern ruhten, die uralten Zeichen fester Grenzen, was ist damit geschehen, was geschieht? Fast vergessen sind sie schon unter dem Volke, schmerzlich stoßen wir uns an ihren Wurzeln.  Ist der Scheitel hoher Berge nur einmal ganz abgeholzt, so treibt der Regen die Erde hinunter, es wächst da kein Holz wieder, dass Deutschland nicht so weit verwirtschaftet werde, sey unser Bemühen...“ 

  Achim von Arnim „Des Knaben Wunderhorn“

Geschichte und Geschichten.  

Sagenumwoben –   angeblich lernt jedes  Kind in der Mertinger Grundschule,  der Mertinger Forst sei einst von Gräfin Hilaria von Lederstatt gestiftet worden. Diese habe, von Reue gequält, weil sie die ihr verhasste Schwiegertochter bei einer Rheinüberquerung habe ertränken lassen, im Alter den Mertingern den Wald, den Donauwörthern den dortigen Stadtwald, und den Harburgern den Karab gestiftet. Verbunden mit der Auflage, für ihr Seelenheil zu beten. Das sei so auch in der Mertinger Frühmesse bis vor wenigen Jahrzehnten noch geschehen.              

So hübsch diese Geschichte ist, so wenig hält sie geschichtlicher Überprüfung stand. Der Ursprung, aus dem diese Geschichte entstand, ist wohl folgender:  Mertingen war im 15./17.Jahrhundert Hauptort der Reichspflege Wörth, deren Pfleger wechselten (wie auch die Herren).  1536 sicherte sich Anton Fugger für 6600 Gulden die Reichspflege, er nahm seinen  Sitz im  Fuggerhaus (heute Landradsamt) in Donauwörth. Ihm folgte Georg  Fugger. 1723 wurde die Reichspflege Wörth an die Stadt Donauwörth verkauft, die sie weiter an den bayerischen Kurfürsten verkaufte. Die Reichspflege blieb bis 1806 als eigenes Territorium erhalten.                                     

Die Fugger kauften Land und Wald, wo es möglich war. Georg Fugger wollte den Mertingern ihren Wald abkaufen, die Mertinger aber wollten nicht und wandten sich an Prior Georg Beck vom Kloster Heilig Kreuz in Donauwörth. Gut Lederstatt nahe Donauwörth war Besitztum von Kloster Heilig Kreuz. Prior Beck fertigte 1597 den Mertingern eine Urkunde (1603 unterschrieben), in der die Sühne-Stiftung der Gräfin stand. Von Elisabeth von Leuchtenberg, verheiratet zu Oettingen und wohnhaft auf der Harburg, gibt es eine ähnliche Stiftungsgeschichte. 

Mertingen, 969 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, ist ja viel älter – auf dem Burgberg gab es schon 41 nach Christus ein römisches Kastell, in dem die Via Claudia Augusta, von Augsburg her, und die Donautalsüdstraße, von Faimingen her, sich kreuzten. Sowohl auf dem Burgberg wie im Mertinger Forst gibt es vielfältige Spuren der Römer. Durch den Mertinger Forst führt aus Richtung Lauterbach, an einem nur noch schwach sichtbaren Burgos vorbei, erhaben und ziemlich schnurgerade die Römerstraße Richtung Druisheim, wo sie sich zum Burgberg, wo ehemals das Castell Summuntorium stand, wendet.

Vitrine 1 Geschichte und Geschichten                              Foto: Ulrike Hampp-Weigand

Die Mertinger Waldkapelle in der heutigen Form wurde 1968 zum Abschluss des Wegebaus durch den Mertinger Forst gebaut. Die baufällige Vorläuferkapelle (Bilder von Alfons Bäuerle) wurde aufgrund eines Gelübdes errichtet. Der neue Kreuzweg ist von Mertingens  Ehrenbürgerin Frieda Reiter gestiftet.

Daneben: Werkzeuge und Arbeitsmaterialien:
Die Arbeit im Forst war – und ist es auch heute noch – Knochenarbeit. Lange Jahre waren mehr Frauen als Männer im Wald mit Anpflanzung beschäftigt. Ihnen ist auf der Rückseite der 50 Pfennig Münze ein Denkmal gesetzt. Früher wurde das Holz auch durch Pferde, sogenannte Rückepferde, aus dem Wald geholt. Die Werkzeuge im Bollerwagen – auch diese Gefährte haben in der Zeit, in der in den Wäldern von den Leuten Brennholz gesammelt wurde, eine bedeutende Rolle gespielt. Die Werkzeuge sind sonst im Museumsstadel ausgestellt, die neuen Gerätschaften hat die Druisheimer Forstbaumschule Sailer zur Verfügung gestellt. 

Beschrieben wird so zum Beispiel, wie Bäume gefällt werden - mit vorgehender Baumansprache -  oder wie die Waldverjüngung betrieben wird. Motorsägen sind noch gar nicht so lange in Gebrauch. Die ausgestellte Motorsäge ist aus den 1960iger Jahren.

Dahinter wird „im Zeitraffer“ die Entwicklung der Bewaldung in Europa seit der Eiszeit dargestellt. Auf dem Schrank daneben sind die in der Region typischen Baumarten, Moose und Flechten dargestellt. Die Fichte, Problembaum in der Zeit des Klimaumbruchs, und Baum des Jahres 2017, wird besonders gewürdigt.

Arbeitsgeräte: Waldarbeit      Foto: Ulrike Hampp-Weigand